PRESSE

"Theatergruppe Ludentes bring in 'Electronic City'
Studentenprobleme auf den Punkt. (...)
Mit wenigen Mitteln gelang es der Gruppe, die
Stimmungen des Stücks wirkungsvoll zu präsentieren."

(RUHR-NACHRICHTEN)

Ausgehend von dem Begriff „Der flexible Mensch“ nach Richard Sennett beleuchtet diese Inszenierung die Folgen der Entwicklung immer noch flexibler, ungebundener und rastloserzu sein. Mit großerFormalität wird jeder Individualismus genommen. Eine Emotionalität ist in der Geschäftswelt nicht erwünscht. Die Figuren Joy und Tom werden nur kurz anprobiert; es könnte jeden der acht Darsteller treffen. Symbolisch für die beiden Figuren stehen ein Headset und ein Namensschild, die an-
und abgelegt werden können. Joy und Tom treten in Momente der Emotionalität dem undurchdringlichen und erbarmungslosen Chor der Geschäftsmänner entgegen, knicken ein und werden wieder Teil von ihm.
Masken und die Uniformität der Kostüme machen die Darsteller zu einer gesichtslosen Masse, die als Projektionsfläche für die Wünsche und Forderungen der Unternehmen dienen. Eine eigene Identität wird nicht mehr zugelassen. Joy formuliert: „(...) Wir waren wie Daten und rasten durch Informationsnetzwerke ohne auch nur zu ahnen wer oder wo wir wann waren.“ Aber gerade die Frage nach der eigenen Identität stellt sich Tom auf ein Mal. „Wer bin ich? Ist das mein Handy, das da klingelt?“ Durch den andauernden Transit entsteht die vollkommene Desorientierung, die bei Joy soweit geht, dass nicht einmal mehr klar ist, ob die Geschichte die erzählt wird, jetzt von Joy erzählt wird oder von der Schauspielerin, die Joy spielt und zwar so überzeugend spielt, dass sie die bessere Joy ist. Ein weißer Bühnenkasten lässt ein Entkommen der Darsteller nicht zu. Die Maschinerie bewegt sich unaufhörlich weiter. Rasten und Luftholen ist nicht eingeplant, eine
räumliche und zeitliche Einordnung nicht möglich. Flackernde Projektionen von Buchstaben und Zahlen machen die Bühne zu einem Datenraum, einer Cloud, einem Nichtort und treibt so die Orientierungslosigkeit von Figuren und Zuschauern auf die Spitze.

REGIE
STUDIOBÜHNE BOCHUM
19. JUNI 2010
STUDENTISCHE THEATERGRUPPE "LUDENTES"

VON FALK RICHTER

FOTOS: THOMAS FRANK